07. November 2021 Thema: Regionalentwicklung Von David Maier
Das “langsame Erdrosseln” der Kommunen – so schrieb es die Wormser Zeitung vor einigen Tagen. Es ist eine treffende Beschreibung der immer bedrohlicher werdenden Finanzlage so vieler Kommunen und Landkreise. Und auch dieses Jahr ist es wieder so, dass die Aufsichtsbehörden mit erhobenem Zeigefinger in den Amtsstuben der Republik stehen und zu einem besseren Umgang mit den städtischen Finanzen mahnen; damit drohen, dass ohne Einsparungen ein Haushalt nicht genehmigt werden könne.
Was aber genau will das Wort “Einsparungen” letztlich bedeuten? Es bedeutet vor allem eines: Kurzfristiges, mitunter wenig abgewägtes Handeln, zu Lasten der freiwilligen Leistungen, der Bildung, der Teilhabe und der Lebensqualität. Und das ist nicht gut.
Wir alle kennen den Ausdruck: “Wer bestellt, der zahlt”. Nur gilt das leider nicht bei den Ausgaben, die Kommunen leisten müssen. Das Konnexitätsprinzip beschreibt letztlich, dass die Ebene, die für eine Aufgabe verantwortlich ist, ebenso auch die Kosten tragen muss. Die Wahrheit aber ist: Sozialstaatliche Leistungen werden den Kommunen aufgelegt, ohne dass eine entsprechende Gegenfinanzierung gegeben ist – und das ist nunmal der Bärenanteil eines städtischen Haushalts, die Sozialausgaben.
Dabei geht es nicht darum, die Wichtigkeit staatlicher Leistungen in Frage zu stellen; im Gegenteil: So sind beispielsweise die neuen Kita-Gesetze mehr als sinnvoll, stellen aber eben die Gemeinden auch vor enorme Herausforderungen bei der Umsetzung. Das Resultat ist immer deutlicher zu erkennen: Ohne eine funktionierende Konnexität drohen die Kommunen unter der Last der auferlegten Pflichten zu ersticken.
Der Preis für einen konsolidierten Haushalt ist zu hoch: Wer nicht investiert, kann nicht wachsen. Wer zu Gunsten eines ausgeglichenen Haushalts auf so notwendige Investitionen in Klimaschutz, Bildung, Gesundheit und Mobilität verzichtet, der belastet die uns nachfolgenden Generationen deutlich höher als es mit der Aufnahme von Schulden der Fall wäre.
Und noch etwas: Die schwarze Null nimmt die Politik aus der Verantwortung. Mit Verweis auf die gesetzlich verankerte Schuldenbremse diskutiert man schon gar nicht mehr über Investitionen in die Zukunft und darüber, wie, welche Investitionen am Sinnvollsten sind. Es lähmt.
Es muss sich endlich etwas ändern: Nach wie vor halte ich es für geboten, hoch verschuldete Kommunen mit einer Übernahme der Kassenkredite zu unterstützen. Bereits im Juli schrieb ich in einem Blogartikel, dass die Kommunen und Landkreise durch die Übernahme der Altschulden endlich wieder die Möglichkeit hätten, zu investieren.
In den Sondierungspapieren heißt es hierzu: “Angesichts des hohen Investitionsbedarfs auf kommunaler Ebene prüfen wir die Entlastung der Kommunen von strukturwandelbedingten Altschulden in gemeinsamer Verantwortung mit den Ländern”. Der “Investitionsbedarf”? Das sind Leistungen, die heute mehr denn je gebraucht werden – genau jetzt, während und nach der Corona-Pandemie. Das gilt für den Erhalt von Jugendzentren, Sportstätten, Kulturräumen, genauso für Maßnahmen beim beim Klimaschutz, der öffentlichen Infrastruktur und im sozialen Wohnungsbau.
Ich bin der Meinung: Dieser Entscheidung kann kein Aufschub mehr gewährt werden. Das “langsame Erdrosseln” muss enden – es braucht endlich mehr Luft zum Atmen!